Eigentlich.
Ich habe auf all meinen Bahnfahrten nie eines dieser hippen Verspätungsalarmdinger oder wie das genau ist, angeschaut. Höchstens mal mit Eltern verfolgt, wenn jemand per Bahn kommt, da kann man prima den Werdegang der Fahrt und die Verspätung verfolgen.
Ansonsten, ich gehe zur auf der vorher vereinbarten Fahrplanzeit hin und wurde bisher nie von extremen Verspätungen enttäuscht. Erst recht nicht zu Zeiten, wo sonst nix los ist.
Aber anderthalb Verspätung sind schon ein hartes Stück. Okay, am Hamburger Hauptbahnhof wurde vor Ewigkeiten mal eine CNL mit über 200 oder gar 300 Minuten (oder vielleicht doch 400? Ich weiß es einfach nicht mehr) Verspätung angekündigt, weiß es aber nicht so genau, war wie gesagt Ewigkeiten her. Ich dachte damals, das musste ein Bug sein, aber dann dachte ich, was wenn doch...
Naja, also ja, man kann echt Pech haben mit den Verspätungen aber für normal lohnt es sich, pünktlich am Bahnsteig zu sein. Bei Verspätungen hat man es dann etwas entspannter, sollte man etwas spät dran sein.
Da war es zu Schulzeiten aber so, dass so eine App dann doch was gebracht hätte.
(Wer keinen Bock auf langweilige Storys von meinem früheren Leben hat, kann hier schon aufhören zu lesen).
Rückblick, zu Tag für Tag legendäreren Zeiten, als ich damals, wo es Zeiten gab, wo ich nie erträumt hätte, später mal in Wien zu studieren, noch zur Schule ging. Ihr habt unfreiwilligerweise ja einen Teil der Zeit miterlebt und werdet jetzt noch mit einem Rückblick bestraft... wie auch immer.
Also damals, wo die Welt noch nicht in Ordnung war, da war es immer ein Spiel der Sekunden. Es war ein Wettlauf um Sekunden, der gerne mal schon paar Sekunden vor Schulschluss begann, ein Wettlauf, wo jedes Wort zu viel im Unterricht mir den Nachhauseweg verlängern konnte. Und es ist noch nicht aus, wenn die Stunde zu Ende ist und der esoterische Dreiklang erklingt.
Denn dann ging das Rennen so richtig los, ich schaffte es, startbereit nur auf den Schluss wartend, dann sofort wie die Kugel rausgeschossen zu kommen, zu laufen, was meiner Faulheit eigentlich so ziemlich widerspricht, zu laufen gen U-Bahnstation, nicht wissend, ob mein RE pünktlich ist oder nicht. Wenn er mal verspätet ist, sehr gut! Wenn nicht, dann handel ich mir einen Umweg ein.
Ich musste also einen variablen Faktor drastisch verkürzen, will ich mit statischen Faktoren besser umgehen. Der variable Faktor, ja der ist meine Laufzeit zur U-Bahnstation. Der statische Faktor ist der 5-Minutentakt zweier U-Bahnlinien, die mich in der selben Zeit zum selben Ziel bringen, aber an verschiedenen Bahnsteigen abfahren, plus das Nichtvorhandensein eines zentralen Abfahrtdisplays, wenn man den Aufgang runterläuft (übrigens ganz schöne U-Bahnstation, die Lübecker Straße, aber das nur nebenbei). Entweder habe ich Glück und ich kann geradewegs in die offene Tür einer U3 rennen oder ich habe Pech und verpasse sowohl die U3 als auch die U1. Da werfe ich mir auch vor, nicht genug gespurt zu haben, denn oftmals ist dann das Rennen bereits gelaufen, der Zug fuhr pünktlich ab, ohne mich.
Und ich ärgere mich bei jeder noch so kleinen Verzögerung, die die U-Bahn auf der vierminütigen Fahrt zum Hauptbahnhof so hatte.
Und ich habe nun keine App, die mir sagt, ob ich noch rennen kann, oder ob ich es lassen soll. Die einzigen Anhaltspunkte sind die planmäßigen Abfahrtszeiten (wenn man Jahre auf der Strecke pendelt, kriegt man es auch hin, die planlos durcheinandergewürfelten Abfahrtszeiten im Kopf zu haben, so halbwegs, es wird ja oft per Fahrplanwechsel neu gewürfelt). Das Ergebnis, tja es fällt unterschiedlich aus, mal schaffe ich den Zug, mal kann ich ihm wenigstens noch nachschauen und mal ist er bereits komplett weg. In allen 3 Fällen bin ich komplett aus der Puste, beim ersten Fall noch wenigstens erleichtert, bei letzteren 2 Fällen dann enttäuscht, wenn dann auch noch meine nächste S-Bahn grade abfährt, braucht es erstmal etwas, bis ich wieder gute Laune habe. Also einen Blaschke lesen nachher.
Doch wie öfter ich Schicksalsschläge hatte mit dem Verpassen des heißgeliebten RE1 (Klimaanlage, fährt schneller als S-Bahn, hat 2 Stockwerke, durchgängig begehbar und dann in letzter Zeit auch mal ein Taurus am Haken oder ein Wagen mit erneuertem Innenraum waren gewichtige Argumente, den RE1 gegenüber der S21 zu bevorzugen) erlebte, ja so entspannter wurde ich mit der Zeit. Da lächle ich entspannt auch mal dem verpasst geglaubtem RE1 hinterher, wenn er mich auf der Hälfte der Strecke überholt, während ich mich früher dabei so aufregte.
Was hätte mir eine App gebracht? Planungssicherheit, sicher. Aber die App hätte mir auch etwas vom Nervenkitzel genommen, den ich so oft durchleben durfte, von minutiös geplanten Zeiten, wo ich meinen Schulweg schon genauestens durchrechne, wo ich genau weiß, wie viele Minuten ich bei welchem Tempo brauche für die flexiblen Wegstrecken, also die, die ich zu Fuß gehe.
In diesem Sinne, ich brauche keine App, wo die Verspätungen draufstehen, die hätte es irgendwie langweilig gemacht.